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Karim Adal
¦ Calcium carbonicum ¦ Ferrum metallicum
SPEKTRUM DER HOMÖOPATHIE
INFEKTIONEN
sich im Schutz eines hübschen kleinen Zimmers. Das entspricht
gut der inneren Realität der Auster (Calcium carbonicum wird
aus der schneeweißen Schicht zwischen der Innen- und Außen-
seite der Austernschale hergestellt), deren Überlebensstrategie
darin besteht, sich vor der gefährlichen Umgebung in eine enge,
schützende Schale zurückzuziehen. Unsere Patientin zeigt die
Überlebensstrategie einer Auster:
Sie braucht einen Ort, an dem
sie verwurzelt ist, um sich gegen die Bedrohungen der Außen-
welt geschützt zu fühlen, doch diese Vorstellung beschreibt
sie auf eine Weise, die eher einem Mineralmittel (Mangel an
Struktur, Bedürfnis nach Unterstützung) als einem Mittel aus
dem Tierreich (Überleben) entspricht.
Bemerkenswert ist, dass sie den Krieg so beschreibt, als habe
sie ihn selbst erlebt, während sie doch nur von ihrem Großvater
davon gehört hat. Dieses Phänomen zeigt uns, welche Macht die
Vorstellungskraft entfaltet, wenn die Lebenskraft in Resonanz
mit den eigenen inneren Empfindlichkeiten tritt.
Verschreibung:
Nach einer Gabe
Calcium carbonicum C
200
verschwanden ihre Symptome und auch das Schweregefühl sehr
rasch, und sie war mehrere Monate lang symptomfrei. Die Angst
um ihre Gesundheit und ihre Zukunft löste sich vollständig auf.
FOLLOW-UP NACH VIER MONATEN
Bericht der Patientin:
„Ich habe keine Angst mehr. Die Anfälle
im Kopf sind weg, ich habe sie völlig vergessen. Ich habe keine
Angst mehr vor kaltem Wetter. Zuvor hatte ich mir, sobald es nur
ein bisschen abkühlte, eine warme Kopfbedeckung aufgesetzt. Ich
war gewöhnlich die Einzige, die eine Kopfbedeckung trug. Jetzt
lebe ich wie jeder normale Mensch. Irgendwie denke ich gar nicht
mehr an all diese Sachen. Dieses Problem hatte mein Leben vier
Jahre lang auf Eis gelegt, ich hatte keine Pläne mehr, versuchte nur
noch, von einem Tag auf den anderen zu überleben. Jetzt möchte
ich Homöopathie studieren. Als ich zu Ihnen kam, glaubte ich nicht
einmal, dass mir das Mittel helfen könnte!“
(Sechs Monate nach der ersten Gabe brauchte sie eine Wieder-
holungsgabe. Über die nächsten Jahre hinweg bis 2015 nahm
sie gelegentlich die C 200 und dann die 1 M, und auf jede Gabe
sprach sie sofort an.)
HOMÖOPATHIE BEI CHRONISCHER SINUSITIS
EINE PROSPEKTIVE BEOBACHTUNGSSTUDIE
Autor: Jürgen Hansel
Die beiden Kasuistiken zu chronischer Sinusitis von Karim Adal und Heiner Frei in dieser Ausgabe von SPEKTRUM DER HOMÖO-
PATHIE belegen besonders eindrucksvoll die Wirksamkeit homöopathischer Behandlung bei diesem Krankheitsbild. Eine 2009
publizierte Forschungsarbeit von Claudia Witt, Rainer Lüdtke und Stefan N. Willich zeigt, dass solche Erfolge nicht auf Einzelfälle
beschränkt sind. Die Autoren evaluierten das Ergebnis (Outcome) der homöopathischen Behandlung an 134 Patienten, die min-
destens 12 Wochen an einer Sinusitis litten.
62 Ärzte mit einer zertifizierten Ausbildung in klassischer Homöopathie und mindestens drei Jahren Erfahrung in homöopathischer
Praxis wirkten bei dieser Multicenter-Studie mit. Die Aufnahme der Patienten in diese Studie erfolgte nach einer ausführlichen
Erstanamnese. Der Verlauf der Behandlung wurde mit regelmäßigen Follow-ups über 2 Jahre und noch einmal nach 8 Jahren
anhand von Berichten der Patienten kontrolliert. Diese bewerteten jeweils die Intensität der Beschwerden auf einer numerischen
Skala und füllten einen Fragebogen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität aus.
Im Verlauf von 24 Monaten gingen die Symptome der Sinusitis deutlich zurück und die Einnahme konventioneller Medikamente
sowie die Anwendung anderer Maßnahmen konnten weitgehend reduziert werden. Die Bewertung der Krankheitsintensität und
der gesundheitsbezogenen Lebensqualität ergab durchgängig erhebliche signifikante Besserungen. Auch wenn diese überwie-
gend bereits in den ersten drei Monaten der homöopathischen Behandlung auftraten, waren sie auch noch im Follow-up nach
acht Jahren nachweisbar.
In den ersten 2 Jahren erhielten die Patienten 8,3 ± 6,2 homöopathische Verschreibungen. Knapp die Hälfte davon entfielen auf
folgende 10 Mittel (in absteigender Häufigkeit): Sepia, Pulsatilla, Lycopodium, Phosphorus, Carcinosinum, Nux vomica, Sulfur,
Natrium muriaticum, Staphisagria und Silicea – bei den restlichen 51 % wurden 135 andere Mittel verschrieben. In 83,8 % wur-
den Hochpotenzen jenseits der Avogadro-Zahl verwendet. Folgende Potenzen wurden am meisten verordnet: C200: 35,7 %;
1M: 23,0 %; C30: 14,2 %; 10M: 7,6 %; Q1: 3,5 %; D12: 3,3 %.
Die Autoren betonen, dass ihre Outcome-Studie keine Aussage darüber zulasse, welchen Anteil die homöopathischen Mittel an
den Behandlungserfolgen haben. Vielmehr erfasse die Studie das Gesamtpaket einer homöopathischen Behandlung, also neben
der eigentlichen Arzneiwirkung auch den Kontext einer homöopathischen Praxis mit dem Zeitaufwand, der Zuwendung und dem
persönlichen Engagement der Therapeuten sowie der Erwartungshaltung der Patienten. Der Anteil des Placebo-Effekts an den
Behandlungserfolgen lasse sich im Rahmen des speziellen methodischen Ansatzes dieser Studie nicht von dem der unmittelbaren
Arzneiwirkung differenzieren.
Claudia M. Witt, Rainer Lüdtke, Stefan N. Willich (2009): Homeopathic treatment of patients with chronic sinusitis: A prospective
observational study with 8 years follow-up, BMC Ear, Nose and Throat Disorders, 9:7